Montag, 28. Mai 2007
Besuch aus der Vergangenheit
Erinnert Ihr Euch noch an Eure erste Liebe?
Ich hatte davon zwei - einen, den ich liebte (K.) und einen, der mich liebte (T.). Beide Lieben blieben unerfüllt.

K war unser Erdkundelehrer und ich liebte ihn ein ganzes Schuljahr lang. Geblieben sind mir solide Kenntnisse über Afrika und ein leises Grinsen über meine pubertären Gefühle. Meinem Geographiewissen wäre es sicher gut bekommen, wenn wir im nächsten Jahr nicht einen neuen, leider alten und hässlichen Erdkundelehrer bekommen hätten. So kann ich nur Afrika, denn um mir den Rest der Welt länderkundlich gleichermaßen intensiv zu erschließen, fehlte es mir von da an ganz klar an Motivation.

K. habe ich 5 Jahre nach dem Abitur noch mal wieder getroffen und musste mich dann ein bisschen für meinen Geschmack als 15jährige schämen....

T dagegen war ein Klassenkamerad und im Unterschied zu mir, die ich K. nur heimlich anhimmelte, erklärte er mir seine Liebe offen und schrieb mir Liebesbriefe auf Pferdebriefpapier. Den ersten in der achten Klasse und zwei weitere in der neunten.
Ich mochte T. Von allen Jungs aus meiner Klasse war er wirklich mit Abstand der netteste. Aber erstens war er ein halbes Jahr jünger als ich und zweitens auch noch 5cm kleiner. Zwei Punkte, die jede Gegenliebe meinerseits völlig unmöglich machten.
Immerhin gelang es mir schon damals, die Nummer "aber lass uns wenigstens gute Freunde bleiben" erfolgreich durchzusetzen, so dass wir durchaus noch eine Menge gemeinsam unternahmen, aber meine schulinternen Liebesromanzen hatten sich ab der zehnten Klasse erledigt.
Es kamen auch keine neuen, denn meine sich schon damals abzeichnende Vorliebe für Männer zwischen 30 und 40 verhinderte alle weiteren Beziehungen zu Schulkameraden und andere attraktive Lehrer hatte die Schule nicht zu bieten.

Da ich schon vor dem Abitur bei meinem damaligen (natürlich 15 Jahre älteren) Freund einzog, verliefen sich nach dem Schulabschluss alle früheren Freundschaften endgültig, ich führte ein vollständig anderes Leben als die anderen Studenten, gemeinsame Interessen waren nicht mehr gegeben und ich konzentrierte mich voll auf mein "Erwachsenenleben".

Heute sind wir mehr als 20 Jahre weiter und gestern war T. übers Wochenende zu Besuch.

Wir hatten losen Kontakt gehalten, alle 4-5 Jahre mal telefoniert oder uns gegenseitig zum Geburtstag gratuliert, letztes Jahr begannen wir einen regen email Verkehr, der zu diesem Wochenendbesuch führte.

T ist zwar immer noch ein halbes Jahr jünger, aber dafür ist er heute in der von mir immer noch bevorzugten Altersgruppe der Männer um die 40 und außerdem ist er wohl nachschulisch noch gründlich gewachsen, denn mit 1,92m ist er jetzt nicht mehr kleiner als ich...
Im Gegenteil, er sieht blendend aus und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er aus dem Zug kletterte und zielstrebig auf mich zu kam.
Sein schönstes Kompliment war gleich die Begrüßung: "Du hast dich überhaupt nicht verändert, ich habe dich sofort erkannt."
Oh wie nett, immerhin sind wir wirklich fast 25 Jahre weiter und selbstverständlich HABE ich mich verändert.
Er allerdings auch, aus dem kleinen, etwas unbedarften Jüngelchen ist ein überaus attraktiver, beeindruckender Mann geworden.

Und DEN habe ich damals in die Wüste geschickt? Teufel, Teufel - aber wer weiß, wofür es gut war.
Denn schon schnell merkte ich, dass er sich zwar körperlich gewaltig verändert hatte, der Rest war aber gleich geblieben, im Kern war er noch immer derselbe, kindliche Träumer. Als er mir sein Leben erzählte, reihte sich eine missglückte Beziehung an die nächste. Länger als 5 Jahre hatte er es mit keiner ausgehalten (oder sie mit ihm), trotzdem lief er noch immer dem Ideal der "großen Liebe" hinterher und träumte von der "perfekten Beziehung".
Frauenlos war er dafür nie lange gewesen, die Übergänge von einer in die andere Beziehung waren fließend, nur grade im Moment, seit vier Wochen, ist er zufällig solo.
Wirklich schwer fällt es ihm nicht Frauen kennenzulernen, immerhin ist er Fotograf, auch noch mit dem Schwerpunkt "people", wie er mir nebenbei erzählte, eine Information, die mich spontan dazu brachte, meinen Bauch noch mehr einzuziehen als ich es eh schon den ganzen Tag tat.
Aber jetzt freute er sich, dass wir uns endlich, endlich, nach so vielen Jahren wiedersahen und schnell war klar, dass er seine alten Gefühle weder vergessen noch verdrängt hatte, nur heute ging ich auf seine Avancen widerstandslos ein. Da sowohl die Kinder als auch mein Mann das ganze Wochenende zu Hause waren, machten wir lange Spaziergänge, um ungestört miteinander reden zu können. Wir waren schließlich alte Schulkameraden und hatten uns viel zu erzählen.
Hatten wir auch, aber als er plötzlich stehenblieb, um mich in seine Arme zu ziehen, fand ich Reden überhaupt nicht mehr wichtig.
Dummerweise sind wir nun beide aus dem Alter raus, wo man sich auch bei Regen hemmungslos in die Dünen wirft, wenn einen die Leidenschaft überkommt, so dass es über eine wilde Knutscherei nicht hinausging, aber ich lernte meine eigenen Triebe plötzlich von einer ganz neuen Seite kennen.

Diesen Mann will ich. Komplett, mit Haut und Haar und allem, was eben einen Mann ausmacht.
Ich will ihn, als Verhältnis und als Mann, der bedingungslos seit Jahrhunderten in mich verliebt ist.
Aber nicht als Partner.
Denn erstens habe ich schon einen Mann fürs Leben und zweitens würde T. als fester Partner sowieso nicht taugen. Es wäre nur eine Frage der Zeit, wann uns der Alltag einholte und Alltag und große Liebe vertragen sich leider nicht. Er hat das zwar schon 17x erlebt, glaubt es aber noch immer nicht.
Das ist mir in diesem Fall aber auch herzlich egal, ich weiß, dass es nicht geht, und das genügt.
Ich muss jetzt nur dafür sorgen, dass wir uns zwar wiedersehen, aber immer genug Spannung für ein nächstes Mal bleibt und er seine Träume nicht verliert. Denn seine Träume sind es, die mir so gefallen.
In seinen Träumen bin ich noch immer 16, kapriziös und unerreichbar.
Ob ich dieses Klischee halten kann?

Auf alle Fälle habe ich seit gestern permanent weiche Knie, ein seltsames Dauerkribbeln im Bauch und damit fühle ich mich schon mal ganz genau wie damals als Teenager.
Unerreichbar werde ich auch sein, denn meinen Hauptmann möchte ich schon gerne behalten.
Nur kapriziös, das fällt mir schwer. Am liebsten würde ich ihn heute schon anrufen, um einen neuen Termin für ein Treffen zu vereinbaren, wo weniger andere Leute drum herum sind (und es damit endlich zur Sache geht.) Aber ich denke, für genau diesen Anruf sollte ich ihn noch ein Weilchen köcheln lassen, alles andere wäre nicht wirklich kapriziös.

Aufregend ist es aber auf alle Fälle.

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