Montag, 26. November 2007
Schwebezustand Teil II
Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Noch lebe ich immer mein altes, "offizielles" Leben, wenigstens bis zum Ende des Schuljahres nächsten Sommer hatte ich mir ja auch fest vorgenommen, nichts daran zu ändern, denn ich will den Kindern keinen übereilten, sinnlosen Schulwechsel zumuten, der alles nur noch schwieriger macht.
Nächstes Schuljahr sieht alles anders aus, nächstes Schuljahr passt ein Wechsel sogar ganz gut.
Grundsätzlich hätte ich aber nicht damit gerechnet, dass sich die Dinge so schnell entwickeln. Tendenziell hatte ich sogar eher mit 2-3 Jahren gerechnet und nicht nur mit 9 Monaten.
Aber plötzlich kommt auf allen Ebenen Bewegung ins Spiel. Die möglichen Jobangebote purzeln nur so, was mir einerseits viel zu schnell geht, andererseits aber auch sehr verführerisch ist.

Und ich habe mich verliebt.
Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet und das war auch absolut nicht geplant. Aber wer steckt da schon drin?
Ich kenne ihn jetzt seit 5 Monaten und es war nur als völlig unverbindliche Affäre geplant, von beiden Seiten. Ich hatte meine Familie und wollte die auch ganz sicher nicht eintauschen, genauso ging es ihm. Ein netter Sommerflirt halt, da ist doch nichts gegen einzuwenden. Beide fühlten wir uns in unseren Beziehungen etwas gelangweilt, vermissten den letzten Kick und hatten Sehnsucht nach etwas Abenteuer. Fremde Haut, Schmetterlinge, einfach mal abtauchen und den Alltag hinter sich lassen. Eine kleine private Nische, nichts Ernstes, leichte Tändelei, Spiel und Spaß, das kann doch gar nicht so schlimm sein.
Es war auch nicht schlimm, es war einfach nur schön. Viel zu schön, um auf Dauer Bestand zu haben und erst recht viel zu schön, um es wirklich ernstzunehmen. So etwas gibt es nicht in echt, das ist eine Seifenblase, eine schillernde Illusion, die man sich selber aufbaut und der man sich gerne hingibt, wohl wissend, dass es jede Sekunde aus sein kann.
Es hörte aber nicht auf, im Gegenteil, es wurde immer intensiver. Schon schnell waren wir nach täglichen Telefonaten süchtig, wir redeten, und redeten und redeten. Und verstanden uns immer besser. Die räumliche Entferung wurde entproblematisiert, es liegen 200km zwischen uns, wenn jeder 100km fährt, ist das gar nicht mehr viel. Und so trafen wir uns regelmäßig, immer in dem Bewusstsein, dass wir völlig bescheuert sind, dass wir das beide in dieser Intensität doch gar nicht wollten, gleichzeitig aber auch magisch angezogen von der Person des anderen.
Durch ähnliche Berufe waren gemeinsame Seminarbesuche möglich, mehrfach zwei, einmal sogar drei Tage nur für uns. Es wurde ein bisschen wie Alltag und wir stellten fest, dass wir uns immer besser verstanden. Wir können nicht nur stundenlang miteinander reden, wir können sogar genussvoll miteinander schweigen.
Die Träume wurden immer intensiver, gemeinsames Arbeiten entstand als realistischeVision. So vieles wäre dann perfekt. Eine absolut parallel ausgerichtete Denkstruktur, seine Vorstellung von "so sollte man seine Arbeit erledigen" entspricht in Gänze meiner. Einzelne Arbeitsprobleme wurden testweise gemeinsam bearbeitet und immer hatten wir dieselbe Lösung, die keiner seiner Mitarbeiter fand, von der ich aber auch wusste, dass sie in meinem Umfeld keiner von mir erwartete.
Lange glaubten wir nicht daran, dass es wirklich eine Zukunft für uns gäbe, zu schnell war das gegangen und viel zu intensiv pubertär.
Er ist in seiner Familie gebunden und trägt die Verantwortung für eine völlig von ihm abhängige Frau und zwei Kinder. Eine absolut heile Welt nach außen, von der auch seine Karriere und seine gesellschaftliche Stellung abhängt. Ich weiß, dass er das nie verlassen wird.
Und ich will ja auch wirklich alleine. Endlich frei sein, keine Kompromisse mehr, keine Rücksichten, sondern endlich lernen, die Verantwortung komplett selber zu übernehmen, eigene Stärke und eigenen Schwung entwickeln, kein Leben mit Netz und doppeltem Boden, selbstbewusst und unabhängig.
Und überhaupt, wie soll das gehen? Mein Mann wird das Scheitern unserer Beziehung unweigerlich auf "den anderen" abschieben, dabei hat es damit gar nichts zu tun. Unsere Beziehung ist schon vor längerer Zeit gescheitert, ich hatte nur nie den Mut, es mir selber einzugestehen.
Erst durch die Beziehung zu einem anderen Mann fiel mir auf, was in meiner Alltagsbeziehung alles fehlt - und was auch nie möglich sein wird. Wir haben kaum gemeinsame Interessen, wissen wenig miteinander anzufangen wenn wir alleine sind, jeder beschäftigt sich selber, aber keiner interessiert sich für die Interessen des anderen. Unser Vorlieben sind diametral entgegengesetzt, unsere Vorstellungen von Partnerschaft gehen sehr auseinander. Er sagt, wir ergänzen uns, jeder hat seinen Bereich und gemeinsam haben wir dann ganz viel. Ich dagegen fühle mich alleine gelassen, wünsche mir jemanden, der genauso denkt wie ich, der dieselben Dinge kann und übernimmt, wenn ich mal schwach bin, für den ich aber auch einspringen kann, wenn er mal ausfällt. Der Probleme genauso angeht wie ich, der meine Lösungen nicht kritisiert, weil er es komplett anders gemacht hätte, sondern sich freut, dass alles so gut klappt. Auf den ich mich verlassen kann, weil ich weiß, er macht es richtig und ich kann alles weiterführen, was er angefangen hat.
Wenn ich alleine lebe, muss ich mir ja auch für alle Dinge, die ich nicht selber lösen kann, fremde Hilfe besorgen. Warum sollen wir uns nicht gemeinsam genau die gleiche Hilfe besorgen, dafür die Dinge, die wir selber können, mit doppelter Kraft erledigen?
In der Beziehung zu meinem Mann muss ich meine Dinge alleine regeln, er ist dafür nicht zuständig, er macht andere Sachen, die ich dafür nicht kann. Das mag für viele Leute eine optimale Kombination sein, für mich bedeutet es nur, dass ich mich immer unter Druck fühle, dass ich nie versagen darf, dass ich immer alleine bin mit meinen Dingen - und warum brauche ich dann einen Partner?
Deshalb wollte ich endlich alleine. Wenn seine Hauptqualifikation als Partner darin liegt, das Geld zu verdienen - nun, das kann ich dann auch noch alleine, wenn es bedeutet, dass ich mir dafür ohne Ende Streit, Ärger und schlechte Laune erspare.

Durch Zufall habe ich aber nun jemanden gefunden, der all das ist, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es mir wünsche. Er ist ganz anders als ich - aber unsere Denkweise ist dieselbe. Seine Interessen und Hobbys sind für mich zwar neu, aber sie faszinieren mich, er beschäftigt sich dagegen gerne mit meinen Vorlieben. Wir tauschen uns aus und bewundern jeweils die Fähigkeiten und Kenntnisse des anderen. Wir lernen voneinander und haben Spaß daran. Wir können uns gegenseitig Dinge erklären und verstehen sie dann auch.
Mit meinem Mann kann ich nicht reden. Wenn er mir was erklärt, bin ich völlig überfordert, er denkt einfach anders und geht konkrete Sachverhalte deshalb auch komplett anders an. Ich habe seine Methoden noch nie nachvollziehen können. Umgekehrt findet er meine Lösungswege seltsam, Gemeinsamkeiten konnten wir deshalb nie finden.
Ich bewundere ihn für seine Intelligenz und seine Schnelligkeit, für sein Durchhaltevermögen, seinen Ehrgeiz, seine Gradlinigkeit und seine absolute Loyalität.
Aber ich bin anders. Ich gebe Dinge auch mal wieder auf, wenn ich nicht damit klarkomme, ich beiße mich nie um jeden Preis durch ein Problem, ich lebe auch mit Niederlagen. Ich habe kaum Ehrgeiz und gehe gerne den Weg des geringsten Widerstandes.
Nun habe ich jemanden gefunden, der das versteht, der mir aber genau an den Stellen Hilfe anbieten kann, wo ich alleine entmutigt aufgebe, der mich nicht kritisiert für meine Schwächen, sondern mich stützt, bis ich sie übewunden habe, der mich nicht alleine wurschteln lässt, sondern der gemeinsam mit mir nach Lösungen sucht.

Ich habe mich verliebt.
So unendlich verliebt, wie ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, dass man sich überhaupt verlieben konnte.
Mit ihm gemeinsam geht alles.
Und ihm geht es genauso.
Immer mehr stellt er sein bisheriges Leben in Frage. Immer konkreter werden die Überlegungen für eine gemeinsame Zukunft. Den Schwung und die Zuversicht, die er mir gibt, gebe ich ihm in gleicher Menge zurück. Wir hängen einfach alle beide ganz tief drin.

Ich weiß nicht, wie es enden wird, aber ich weiß, dass ich mir ein Leben ohne ihn schon jetzt nicht mehr vorstellen kann, denn alleine würde ich wahrscheinlich vor Sehnsucht nach ihm vergehen.

So schnell ging das alles, nur 5 Monate zwischen dem Beginn einer unverbindlichen Affäre, mit fest abgesprochenen Regeln und Eckdaten und dem Umsturz aller Umstände.
Aber mittlerweile glaube ich daran, zu viele Gemeinsamkeiten haben wir entdeckt, zu viele parallele Träume geträumt und viel zu viele gegenseitige Gefühle entwickelt.
Es ist nicht nur ein unglaublich schönes Gefühl, jemanden zu lieben, es ist ein noch unbeschreiblich viel schöneres Gefühl, grade von dem, den man selber liebt, auch genauso geliebt zu werden.
Wir schaffen das - da bin ich mir absolut sicher.

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Freitag, 9. November 2007
Terra incognita
. . . ist, wenn ich mich schon lange mal einer bestimmten Sache zuwenden wollte und das aber nicht getan habe, weil ich nicht wußte, wie anfangen. Die beste Freundin von allen hat Verständnis und meinte, dass sich das anhört, als ob ich von einem Trip nach Nicaragua erzählen wollte oder von einem Wochenendtrip zum Zelten in Sonstewo.

In jeder Zeitung und jeder Werbeunterbrechung kann man die beiden besten Freudinnen einer Frau sehen. In Push-ups versteckt oder zerquetscht oder, wie neuerdings, wenn die Damen sehr abgemagert sind, ist das Dekoltee gar nicht mehr so tief und die beiden Schwestern werden mit Silikoneinlagen im BHelferlein optisch reich und rund verziert.

Alles Gleichmacherei. Ist der Menschheit eigentlich bewußt, dass die Menschenkinder, Weiblein wie Männlein, alle ganz anders aussehen? Nackend, meine ich.

Die beiden Schwestern gleichen sich nicht mal; sie sind keine eineiigen Zwillinge. In Größe, Farbe an sich unterscheiden sie sich ja schon, aber das Auge erst recht bei jeder meiner Schwestern anders.

Bei Männern ist das nicht anders. Da gibt es den vielbemühten Satz, dass Größe alles entscheidet.

Stimmt und stimmt wieder nicht. Angeblich sollen kleinere Freunde den flinkeren Eigner haben und ansonsten bessere Techniker sein. (Ich wundere mich, wieso ich dich nicht in Ekstase versetzen konnte!, sagte einmal der als "Scheich" in meine Geschichte eingegangene Edgar.) Hat also ein Eigner eines kleinen Prinzen die bessere Zungenfertigkeit?

Was, wenn die Größe seines besten Freundes in Länge und Umfang so groß ist, dass es bei der heißersehnten Vereingung dann doch schon unangenehm ist und dann auch noch aussieht, wie eine Blutwurst im Echtdarm?! (So toll fand ich das jetzt nicht von dir, dass du mich so ausgebremst hast!, meinte Thomas leicht beleidigt. Ausgebremst? Du hast mir wehgetan und ich hatte noch tagelang ein Brennen beim Pieseln.)

Aber der beste Freund wird ja begleitet von den oft stiefschwesterlich behandelten Zwillingen, deren Größe sich oft dem besten Freund anpaßt, wie mir scheint. Es gibt die beiden in kaum erfühlbarem Ausmaß und dann ist der beste Freund auch nicht besonders riesig oder aber so groß, dass meine Hand (Handschuhgröße 7 für Damen) zum Erfassen eines Zwillings nicht ausreicht und mit dem analogen Endergebnis - ein fast nicht zu fließen aufhörender Fluß oder eine der Sahara ähnelnde Trockenheit.

Wußtet ihr das? Wißt ihr, was ich meine?

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Freitag, 12. Oktober 2007
Kribbelig ist mir.
Wie unter einer großen Spannung laufe ich unruhig und nervös durch die Gegend. Ziellos, planlos und sehr dicht am Wasser gebaut. Ständig kämpfe ich mit aufsteigenden Unzufriedenheitsgefühlen.

Ich gehöre nicht dazu.

Alle haben etwas zu tun, alle sind eilig, eifrig und vor allem sehr bemüht, geschäftig geschäftlich, emsig hetzend, miteinander bekannt und ungeheuer wichtig.

Ich gehöre nicht dazu.

Dort kannst du Leute kennen lernen, sagte man mir, das ist wichtig, du musst dringend Leute kennen lernen, wenn du weiterkommen willst, alleine erreichst du gar nichts.

Ich weiß, dass ich mich bemühen muss, dazuzugehören.
Aber alles in mir sperrt sich.
Ich will nicht dazu gehören, zumindest will ich nicht sein wie sie.

Ich will eigentlich gar nicht "wie" sein.Zumindest weiß ich genau, wie ich NICHT sein will: immer in Eile,komplett im Stress, dafür aber auch sehr wichtig und unersetzbar.

Ich glaube, ich schaffe das alles nicht, was ich da selber und alle anderen gleich mit von mir verlangen und erwarten.

Angst habe ich.

Angst, zurückgewiesen, enttäuscht und abgelehnt zu werden, Angst, nachher alleine zu sein, Angst, mit meinem Alleinsein nicht umgehen zu können.

Aber ich werde wohl lernen müssen, mit dieser Angst zu leben.

Und ich sollte dringend üben, wie man Netzwerke knüpft, habe ich nur genug Netze geknüpft, werde ich wohl nicht mehr durch die Maschen fallen.

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